Wir sind ein Arbeitskreis von sozialethisch und politisch interessierten Frauen und Männern aus Binningen / Bottmingen. Wir greifen gesellschaftspolitisch relevante Fragen auf und fördern mit Referaten und Podiumsgesprächen deren Diskussion. Wir regen das Gespräch zwischen Wirtschaft, Politik und Ethik an.
Unser Ziel: Gesellschaftspolitisch relevante und sozialethische Themen, die aktuell sind, aufgreifen und einem breiteren Publikum bewusst machen. Impulse für Diskussionen über die aufgegriffenen Themen vermitteln. Akzeptanz für andere Auffassungen fördern. Für weitere Auskünfte stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung.
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Das Ethische Forum Binningen-Bottmingen (EFBB) existiert schon seit 19 Jahren. Als erstes Thema stand am 14. Oktober 1998 die Frage «Zahlt sich Ethik aus?» zur Diskussion. Mathias Jäggi, Sozialarbeiter der römisch-katholischen Kirchgemeinde Binningen-Bottmingen, war viele Jahre für die Veranstaltungen des Forums zuständig. Stellt sich für ihn auch heute noch die gleiche Frage wie damals? Im Interview beantwortet Jäggi kritische Fragen.
Ein Forum ist ein Ort, wo Meinungen untereinander ausgetauscht, Fragen gestellt und beantwortet werden können. Trifft dies auf das EFBB zu? Kommen auch unterschiedliche Meinungen und Ansichten zur Sprache? Bekommt das Publikum die Möglichkeit, Fragen zu stellen?
Mathias Jäggi: Wir verstehen uns als ein offener Arbeitskreis, der für soziale, ethische und gesellschaftliche Fragen eine Diskussionsplattform stellen will. Wir sind offen für verschiedene Standpunkte, die wir miteinander in Diskussion bringen wollen. Selbstverständlich ist es erwünscht, dass unterschiedliche Meinungen und Ansichten zum Ausdruck gebracht werden. Gerade an den Abenden mit Impulsreferaten bekommt deshalb auch das Publikum die Möglichkeit, mitzudiskutieren. Ein klein wenig Modell stehen uns da die Philosophenschulen des alten Griechenlands. Rhetorik ist das Eine, stichhaltige und nachvollziehbare Argumente das Andere. Sie sollen gegeneinander ins Spiel gebracht werden. Jede Teilnehmerin und jeder Teilnehmer ist eingeladen, sich seine eigene Meinung zu bilden.
Welche Ziele hat das EFBB? Welche Regionen und welche Bevölkerungsschichten will das Forum ansprechen? Sind Sie mit den Besucherzahlen zufrieden?
Wir wollen einen Raum der Begegnung schaffen: Unterschiedliche Erfahrungen und Meinungen sollen dialektisch ins Spiel gebracht werden. Im besten Fall bekommen wir da oder dort gar neue Antworten… oder auch Fragen. Das beginnt oft schon in unserer Vorbereitungsgruppe, die nicht nur das Ziel hat, einen Anlass zu organisieren, sondern bereits im Vorfeld mit den vorhandenen Fragen in einen Diskurs zu treten. Eingeladen sind alle, die sich thematisch angesprochen fühlen, die sich über die einschlägigen Themen fachlich informieren und sich über oft heikle Bereiche eine eigene Meinung bilden wollen. Es gibt viele Denker in unserer Gesellschaft. Das kann ein Maurer genauso wie ein Lehrer! Die Besucherzahlen schwanken stark und lassen sich nicht prognostizieren. Grundsätzlich hätten wir selbstverständlich gern noch mehr Interessierte.
Wie erreicht das Forum sein Zielpublikum?
Durch Werbung in den regionalen Medien. Angefangen von Quartierzeitschriften bis zu kirchlichen Presseorganen in der Region. Unsere gelben Flugblätter sind in den regionalen Geschäften und Arztpraxen zu finden und es gibt auch eine Webseite (www.ethisches-forum.ch) und einen elektronischen Newsletter, mit dem man sich die neusten Infos auch nach Hause schicken lassen kann.
Das Forum wird von der katholischen Kirche Binningen-Bottmingen organisiert. Werden vor allem religiös-ethische Fragen behandelt?
Manchmal ja, aber nicht zwingend. In unserem Arbeitskreis sind wir sehr breit interessiert und versuchen zu erspüren, welche Themen so in der Luft liegen. Die Medien aber auch das private Umfeld der einzelnen Mitglieder in der Vorbereitungsgruppe prägen da sicher auch massgeblich mit. Seitens der katholischen Kirchgemeinde besteht das Interesse, gerade in einer Zeit, in der die Katholische Kirche vielen Zeitgenossen der Moderne gegenüber als verschlossen gilt, ein Kultur der Offenheit zu leben und den offenen Diskurs mit allen ethisch relevanten Themen zu pflegen. Wir verstehen uns als Plattform für die persönliche Meinungsbildung.
Werden die Referenten nach ihrer Weltanschauung/Religion ausgewählt oder kommen auch nicht-religiöse Ansichten zur Darstellung?
Nein, sondern nach fachlichen Qualitäten. Uns ist ganz wichtig, dass wir zu den entsprechenden Themen möglichst die Expertinnen und Experten aus der Region heranziehen können. Das sind ausgewiesene Fachleute, die mit der Thematik fachbezogen und berufsbedingt vertraut sind. Es gibt Themenbereiche, zu denen wir bewusst auch Theologinnen und Theologen einladen, aber in den letzten Jahren waren oft andere Themen dran.
Welche Art von Themen haben am meisten Interesse geweckt?
Wenn ich mich so aus dem Kopf grad recht erinnere, dann war es z.B. einer meiner ersten Anlässe unter der Thematik «Sterbehilfe» zu der wir ja jetzt – ein paar Jahre später – bereits wieder einen Anlass organisiert haben, da sich in der öffentlichen Meinung und Wahrnehmung Einiges verändert hat. Gut in Erinnerung habe ich aber auch noch ein Podium, welches wir zusammen mit dem Wohnheim am Birsig unter dem Motto «Leistung – Gesellschaft und Behinderung» veranstaltet haben. Unter anderem hat sich dort ein behinderter Mann mit seinem Sprachcomputer in die Diskussion eingeschaltet. Besonders wertvoll und in Erinnerung bleiben mir auch die jährlich einmal stattfindenden Kulturanlässe. Regionale Künstlerinnen beschäftigen sich an dieser Open-air-Veranstaltung entweder mit einem vorgegebenen Thema oder halten eine Darbietung, die in unseren Themenkomplex passt. Gerade der Kulturanlass ist beim Publikum sehr beliebt.
Das Forum vom 28. Oktober 2015 mit dem Thema «Sterbekultur zwischen Selbstbestimmung und Abhängigkeit» fand in Form eines Podiumsgesprächs statt. Sie hatten dazu eine Oberärztin Palliativmedizin und einen ehemaligen Leiter der Klinik Onkologie des Uni-Spitals Basel sowie einen reformierten Pfarrer eingeladen. Warum war niemand von einer Sterbehilfeorganisation dabei?
Gerade bei so einer Veranstaltung ist es uns sehr wichtig, nicht zu polarisieren und argumentativ an der Oberfläche zu kratzen. Wir möchten die Hintergründe und komplexen Fragen in ihrer Tiefenperspektive, jenseits aller Ideologien, diskutieren. Alles andere finden wir nicht förderlich für die Meinungsbildung. Deshalb haben wir Personen eingeladen, die einerseits fähig sind, auf die Komplexität der Thematik einzugehen, die andererseits aber auch einen breiten Erfahrungshintergrund einbringen.
Um zur Frage des ersten Forums von 1998 zurückzukehren: Sind Sie der Meinung, dass sich Ethik auszahlt?
Das müssten wir die Veranstalter von damals fragen! Betriebswirtschaftlich betrachtet, wird es – zumindest am Anfang – wohl eher ein Aufwandsposten sein. Ethische Fragen wie zum Beispiel «gerechte Löhne», die «Gleichstellung von Mann und Frau» oder die «Integration von minder qualifizierten oder weniger leistungsfähigen Arbeitnehmern», wird am Anfang immer Mehrausgaben verursachen. Eventuell ist die Frage vergleichbar mit der Ökologischen: Zumindest in Umweltdingen wird sich niemand mehr fragen, ob es wichtig ist, dass sich ein Unternehmen damit beschäftigt. Wer weiss, vielleicht sind wir bald einmal auch mit der Frage nach Ethik an so einem Punkt. Nachhaltigkeit ist immer eine langfristige Investition und dazu zähle ich auch die Frage nach Ethik.
Interview: Franz Kilchherr